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Helping Hands Preis 2019 und Vollversammlung Verein

13.05.2020

Wenn der Hunger größer ist als die Angst vor Covid-19

Sieben Prozent mehr Spenden für die Südtiroler Ärzte für die Welt im Jahr 2019. Helping Hands Preis geht an den Bozner Arzt Manfred Brandstätter. Brennt die Frage: Wie wird Entwicklungshilfe 2020 aussehen?

Eine Vollversammlung am Bildschirm, das blühte den Mitgliedern des Vereins Südtiroler Ärzte für die Welt Anfang Mai. Wie überall. Überall? Wie ginge man in Äthiopien vor? Homeoffice ist dort Science Fiction. Tagelöhner finden keine Arbeit mehr. Wer von der Hand in den Mund lebt, muss täglich am Markt einkaufen und am Fluss Wasser holen. In den Ländern, die unsere Hilfe brauchen, überlebt, wer mobil bleibt. „Wo jeder Tag am seidenen Faden hängt, ist der Hunger die größte Sorge, erst an zweiter Stelle steht die Angst vor Covid-19“, bringt es Toni Pizzecco, Hausarzt und Präsident des Vereins, auf den Punkt. Der drohende Lock down in Afrika überschattete die Vollversammlung in Bozen. Ebenso die Frage: Wie wird Entwicklungshilfe 2020 aussehen?

Mobilität und menschliche Nähe. Das waren auch 2019 die Erfolgsfaktoren des Vereins Südtiroler Ärzte für die Welt. Mitglieder, Mitarbeiter, Ärzte, Krankenschwestern, Handwerker und Volontäre haben mit ihrer Arbeit und in ihrer Freizeit Hilfe geleistet und gleichzeitig soziale Verbindungen gefestigt. Großzügig unterstützt von der Südtiroler Bevölkerung. Die Revisoren haben – wie immer unentgeltlich – die Richtigkeit der Geschäfte geprüft.

Hier die Ergebnisse, die zum Weitermachen motivieren. 2019 hat der Verein sieben Prozent mehr Spenden gesammelt als 2018. Es wurden 24 Hilfsprojekte in 13 Ländern unterstützt. Insgesamt konnten 44 Einsätze von Ärzten, Volontären und Handwerkern verzeichnet werden.

In seinem Bericht hebt Toni Pizzecco die Einsätze im Krankenhaus Attat in Äthiopien hervor. Mit über 4.000 Geburten und 8.000 chirurgischen Eingriffen pro Jahr sichert das Krankenhaus die Grundversorgung der Bevölkerung in einem Einzugsgebiet von einer Million Einwohner. Ein Großprojekt, das der Verein seit vielen Jahren vorantreibt. Verschiedene Fachärzte übernahmen 2019 die Weiterbildung des medizinischen Personals vor Ort. Ebenso wertvoll war der Einsatz der vielen Südtiroler Handwerker, auf die im Krankenhaus immer sehr viel Arbeit wartet.

Traditionell konzentriert sich die Arbeit der Südtiroler Ärzte für die Welt auf drei Bereiche: medizinische Hilfe und Hygiene, Schulbildung und sauberes Trinkwasser. Im Jahr 2019 wurden deshalb in Äthiopien Gesundheitsstationen und Schulen gebaut. Gleichzeitig stand die Ausbildung von Ärzten und medizinischem Personal im Vordergrund. In einzelnen Dörfern wurden Trinkwasser-Projekte verwirklicht. Spezielle Förderprogramme wurden für Frauen und Jugendliche durchgeführt. Immer mit dem Ziel vor Augen, den Menschen in Äthiopien Perspektiven für eine bessere Zukunft zu geben.

Über Äthiopien hinaus: Einzelne Projekte wurden in Eritrea, Kamerun, Kenia finanziert. Die Wiederaufbauprojekte nach dem großen Erdbeben 2015 in Nepal mit dem Bau einer Klinik in den Bergen und der Geburtenabteilung im Dhulikhel Hospital wurden abgeschlossen. In Afghanistan unterstützte der Verein Ausbildungskurse für junge Menschen, in Indien Heime für Straßenkinder in Kalkutta.

Helping Hands Preis 2019

Der Helping Hands Preis 2019 wird dem langjährigen Vorstandsmitglied Manfred Brandstätter verliehen. Der ehemalige Direktor des Notfalldienstes im Südtiroler Sanitätsbetrieb war bereits 2004 und 2006 in Indien im Einsatz. Zusammen mit Toni Pizzecco brachte er 2007 seine Hilfe nach Äthiopien. Zwei Jahre lang nutzte er seinen Urlaub, um in Burkina Faso bei medizinischen Projekten des Vereins zu helfen. Seit 2014 fährt der Facharzt in Orthopädie und Traumatologie regelmäßig nach Äthiopien, wo er in der chirurgischen Ambulanz des Krankenhauses Attat tätig ist. Der Preis ist für Manfred Brandstätter Ansporn, um weiterzumachen: „Ich gebe gerne, weil ich noch mehr zurückkriege, als ich geben kann.“

Wer gibt 2020? Und wie bereiten die Südtiroler Ärzte für die Welt sich auf Hilfe unter neuen Bedingungen vor? „Wir rechnen mit einem Spendeneinbruch“, sagt Toni Pizzecco. Die Corona-Epidemie zehrt die Geldbeutel aus. „Wenn aber in Afrika eine Hungersnot droht, wird unser Einsatz dort in den nächsten Jahren mehr denn je gebraucht.“

Der Verein hat für 2020 mehrere Szenarien entwickelt. Bestehende Projekte werden so gut wie möglich fortgeführt, neue Projekte mit besonderer Vorsicht angegangen. Gleichzeitig weiß der Verein, wer seit Jahren hinter ihm steht: die Südtiroler Bevölkerung, die Autonome Provinz Bozen, die Region Trentino-Südtirol, die Gemeinde Bozen und die ital. Bischofskonferenz. Deshalb wagt Präsident Toni Pizzecco einen Appell: „Die Corona-Epidemie hat uns allen gezeigt, wie schnell Geld zwischen den Fingern zerrinnt und wie vergänglich wir sind. Was bleibt, ist das, was wir in unserem Leben getan haben.“